top of page
Pferd im Stall

Manuelle Lymphdrainage am Pferd

Das Lymphgefässsystem wird als «Reserveventil» für die Rückführung des Flüssigkeitsstromes zum Herzen bezeichnet, Hauptventil ist das venöse System. Erkrankt ein System ist in der Regel das andere Flüssigkeitssystem mitbetroffen.

 

Die Erforschung und Anwendung der «Manuellen Lymphdrainage am Pferd» ist in der Tiermedizin ein relativ neues Gebiet. An der Forschungsarbeit einer Arbeitsgruppe an der Medizinischen Hochschule Hannover unter der Leitung von Prof. Dr. Dirk Berens von Rautenfeld, deren Neuauflage von 2012 ist, orientiert sich der Kurs von Jutta Kricke, den ich an der Pferde- und Hundeakademie SinTakt®  mit Erfolg abgeschlossen habe.

Indikationen für die Manuelle Lymphdrainage (MLD) am Pferd sind:

Mein Ansatz
Angelaufene Beine bei Pferden/Wassereinlagerungen 

Wenn die Schwellung nicht schmerzhaft ist, das Allgemeinbefinden normal ist und Bewegung zur Rückbildung führt ist MLD unbedingt zu empfehlen, da sie das Lymphsystem nicht nur anregt, sondern es nachhaltig zu stärken scheint, also auch präventiv bei verminderter Bewegung (Boxenruhe).

Chronische Phlegmone/Elephantiasis

Bei deutlicher Umfangvermehrung, meist einer Hinterhand, ist MLD dringend angeraten. Das Pferd darf kein Fieber haben. Meist ist es nicht schmerzhaft, wenn doch, kann das schmerzhafte Bein zunächst ausgespart werden. Je früher die MLD angewendet wird, desto grösser sind die Erfolgschancen, weil die Massagen ein Aufweichen des verhärteten Bindegewebes bewirken und den Abfluss über die Anregung der Sogwirkung der Lymphknoten verbessern.  Ausserdem aktiviert sie die Lymphgefässmotorik, sofern sie noch intakt ist – am effektivsten mit dauerhafter Kompressionstherapie nach Abschluss der Behandlung eventuell durch einen Stützstrumpf.

 

Wichtig:

Bei Verdacht auf eine akute Phlegmone darf niemals ohne tierärztliche Begleitung und tierärztlich überwachter Antibiosetherapie behandelt werden, da sonst die Gefahr einer Keimverschleppung mit gravierenden Folgeschäden besteht.

Bewegungsbedingte bzw. belastungsbedingte Myopathien, akute Muskelerkrankung (Tying up, Kreuzverschlag etc.)

Wichtig:

Tierärztliche Behandlung ist erforderlich.

 

Begleitende Behandlung mit MLD ist sinnvoll, da sie die Abnahme des interstitiellen Ödems bewirkt. Der schnelle Abtransport des Laktats verbessert die Blutversorgung und sorgt für Entspannung des Gewebes.

Sehnenerkrankungen/Tendinitis bei Pferden

Wichtig:

Tierärztliche Abklärung ist erforderlich.

 

Mit dem Einsatz von MLD sollte so früh wie möglich begonnen werden, damit die Entzündungsprodukte schneller abtransportiert werden, die Stoffwechsellage sich verbessert und die physiologische Ausbildung des Narbengewebes gefördert wird. 

 

Die hohe Dichte von Lymphgefässen im Sehnengewebe unterstreicht die Bedeutung von MLD, wohingegen der Einsatz von Injektionen zweifelhaft erscheint (Medikament wird ebenfalls über das Lymphgefässsystem abtransportiert).

Synovialitis, Tendovaginitis/Sehnenscheidenentzündung, Gallen beim Pferd

Wichtig:

Tierärztliche Abklärung ist erforderlich.

 

Der Einsatz von MLD ist sinnvoll, um die Umfangsvermehrung zu reduzieren bzw. den Status quo zu erhalten und fortschreitende Fibrosierung zu vermeiden.

Hufrehe

MLD als unterstützende Therapie bei akuter und subakuter Rehe ist sinnvoll, da sie eine Ödemverminderung bewirkt und dadurch eine Schmerzreduktion. Die Stoffwechsellage wird verbessert und die Entzündungsfolgeschäden verringert.

Posttraumatische und postoperative Ödeme (Wundödeme) bei Pferden

MLD ist sinnvoll, wenn die Schwellung nicht warm und nicht schmerzhaft ist und das Pferd kein Fieber hat. Bei grösseren Ödemen entsteht durch starke Gewebeauflockerung eine verringerte Ver- und Entsorgung des Gewebes, spätere Fibrosierung und verzögerte Wundheilung. Durch MLD verringert sich das Ödem, verbessert sich die Stoffwechsellage und Wundheilung.

Stauungsödem bei Pferden

Wichtig:

Ursache muss vor Einsatz der MLD geklärt sein. Herzinsuffizienz und Thrombose sind Kontraindikationen, sonst sind Stauungsödeme ein guter Einsatzbereich für MLD.

 

Die Stauungsödeme entstehen als Folge einer Kompression oder eines Verschlusses von Venen. Die ausgetretene Flüssigkeit kann mit MLD ins gesunde Lymphsystem umgeleitet und abgeleitet werden. Die Ödeme sind kühl, schmerzfrei, teigig und der Fingerabdruck sichtbar.

Ödeme im Bereich der Geschlechtsorgane von Pferden

Wichtig:

Ursache muss abgeklärt sein. Wenn kein Fieber vorliegt und ein Infekt ausgeschlossen werden kann, ist das ein sehr guter Einsatzbereich für MLD durch deutliche Schmerzlinderung. Anwendung bei längerer Boxenruhe ist prophylaktisch sinnvoll.

Petechialfieber (Nielpferdkopf)

Unter systemischer Behandlung der Tierärztin, des Tierarztes ist MLD sinnvoll

Stoffwechselunterstützung des Pferdes

Bestandteile, die über das Lymphsystem abtransportiert werden sind: Eiweisse, Fette, Wasser, verschiedene Zellen, Hyaluronsäure. Eiweisse können bei eingeschränktem Lymphfluss (während Boxenruhe etc.) verfestigen und Eiweissbrücken bilden. Die MLD kann durch Sogwirkung die Eiweissbrücken auflösen, den Lymphfluss anregen und dadurch die Stoffwechsellage verbessern.

 

Automatsch stärkt sich die Lymphgefässwandpumpe und der Blutkreislauf wird angeregt, was bei gesunden Pferden einen positiven Trainingseffekt hat und die Muskulatur entspannt.

 

Vertiefen werde ich das Wissen zu diesem Thema in der kommenden Weiterbildung vom «Gentle Balance Lehrgang Stoffwechsel» von Sonja Bucher, Beginn Ende August 2024.

Lymphdrainageputzen/Lymphdrainagemassage des Pferdes

Als vorbeugende Massnahme zur Förderung des Lymphabflusses und zur Stärkung der Lymphgefässwandpumpe empfiehlt sich für jede Pferdehalterin, jeden Pferdehalter das Lymphdrainageputzen mit einem Gummistriegel oder genopptem Putzhandschuh durchzuführen. 

 

Wichtig dabei ist die Reihenfolge und Richtung gemäss Schema. Über Bug-und Kniefaltenlymphknoten ist die Striegelführung kreisförmig. Spiralförmig ist sie in Lymphabflussrichtung über den Kollektoren. Beide Körperhälften werden vollständig geputzt.

Lymphdrainagesystem des Pferdes unterstützen

Zu den unterstützenden Massnahmen zur manuellen Lymphdrainage am Pferd gehören Bewegungseinheiten, die den Lymphabfluss durch Hufpumpe und Fesselpumpe anregen. Lange Stehzeiten zwischen den Bewegungseinheiten müssen unbedingt vermieden werden oder in dem Fall die Haltungsbedingungen verbessern.

 

Über den ganzen Tag verteilte Nahrungsaufnahme sorgt für die Anregung des Verdauungsapparates und stimuliert über die Bewegung der Eingeweide ebenfalls den Lymphabfluss.

 

Jedoch unter anhaltendem Stress-/Fluchtmodus (Aktivitätssteigerung des Symathicus) des Pferdes verschlechtert sich der Lymphabfluss.

bottom of page